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Arbeitsbeispiele
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Wählen Sie eines der folgenden Arbeitsbeispielen aus:

> Seelöwenspiel
> Erntedank
> Gewalt
> Kompensation

Seelöwenspiel

Die Pinguine hüpften von Eisscholle zu Eisscholle. Im Wasser zog der Seelöwe seine Kreise und lauerte auf seine Beute. Er konnte blitzschnell zuschnappen und hielt Ausschau nach Füßen, die dem Eisrand zu nahe kamen. Ab und zu schoss er aus den Fluten und die Pinguine wichen quiekend zurück. Der Seelöwe hieß Wilma und war meine älteste Schwester.

Wenn unsere Eltern weggingen, wandelte sich die Wohnung in das arktische Eismeer und Wilma in ein Ungeheuer, das Jagd auf Pinguine machte. Teppiche und Böden waren ihr Revier und wir jüngeren Geschwister hangelten uns von der Couch auf den Tisch oder von einem Stuhl auf den alten Buffetschrank. Doch eigentlich waren keine Möbel mehr vorhanden, sondern nur eine Landschaft aus Schnee und Eis, in der wir uns vor dem Raubtier in Sicherheit bringen mussten. Ganz Mutige versuchten ins Schlafzimmer zu entkommen und dort die Spitze eines Eisberges, also eines der Etagenbetten, zu erklimmen. Bis dahin musste man aber weit schwimmen, sodass Wilma zuschlagen konnte. Die Beute wurde unter lautem Gebrüll und Geschmatze durchgekitzelt und verspeist.

Das war mein Lieblingsspiel. Vor Aufregung machte ich mir einmal in die Hose und musste später Fragen und das Geschimpfe meiner Mutter über mich ergehen lassen. Aber ich verriet kein Wort, denn sie hätte noch mehr gewettert und verboten, auf den Möbeln herumzuklettern.

Achim war mutig, peilte immer gleich die gefährlichsten Eisberge an, wurde allerdings auch stets das erste Seelöwenfutter. Ich geduldete mich lieber.

Erwartungsgemäß befanden sich Achim und Wilma bald im Kampf auf Leben und Tod zwischen Wohnzimmertisch und Etagenbett. Das war der Moment, in dem ich meine Scholle verließ und zur Eisbergspitze witschte. In der Geborgenheit der obersten Schlafstatt drückte ich mich an die Wand, bis ich mich wieder traute, die Augen zu öffnen.

Ich war ein feiger Pinguin. Zudem fühlte ich mich ein bisschen schuldig, weil ich die Ablenkung durch Achims Abenteuer zu meinem Vorteil nutzte. Aber ich hatte begriffen, dass Helden nicht klug, sondern schneller tot sind.

Sobald Seelöwen-Wilma mich hinreichend lange nicht mehr beachtet hatte, wurde es langweilig. Ich verfolgte erneut das Treiben, bis sich eine Gelegenheit ergab, unbemerkt auf einen Sessel zu springen. Die Polsterlehne bot zwar Schutz, doch an drei Seiten lag das offene Meer vor mir. Hin und her tippelnd suchten meine Füße nach dem weitesten Abstand von der Sesselkante. Wilma brauchte sich nur schnaubend in meine Richtung zu wenden und schon spürte ich fast ihre Zähne in meiner Wade. Ich kreischte und spürte mein Herzklopfen bis in die bebenden Zopfenden.

Damals wusste ich noch nichts über Stress und Adrenalinspiegel, ging aber virtuos damit um. Nebenbei lehrte mich das Seelöwenspiel die wichtigsten Überlebenstechniken. Auch jetzt führe ich ein aufregendes Leben und bin stets bei den Siegern.

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Erntedank

Man erntet seines Lebens Früchte
im Alter. Sagen die Gerüchte.
Wer immer die ins Leben rief,
soll sagen, was ist attraktiv,
wenn Haar ausfällt, Fettringe quellen,
Krampfadern sich dazu gesellen?
Wenn das, was grad noch straff saß oben,
zum Erdmittelpunkt ist verschoben
und jeder Dir signalisiert,
Alteisen gehört aussortiert.

Verschleiß, zunächst noch äußerlich,
frisst langsam bis ins Inn're sich.
Liegt erst die Haut in Plisseefalten,
kann man sein Pipi nicht mehr halten,
hört schlecht, verliert sein Augenlicht,
wird schwach, fällt und dabei zerbricht
der Oberschenkelhals. Es droht
Bettlägrigkeit, anschließend Tod.
Wen Gicht und Herzinfarkt verschonen,
in dem wird bald der Darmkrebs wohnen.

Wer je naiv vom Alter schwärmte,
kriegt Gänsehaut, sieht er die Ernte,
denn Windeln, Schnabeltasse, Schläuche,
winken als Erntedankfestbräuche.
Die Alten haben kein Gesicht
und nur als Gattung noch Gewicht:
als Rentenfaktor, Wählermasse
und Risiko der Krankenkasse.
Solche Entmenschlichung ertragen,
ist schlimmer als Organversagen.

Verklärte Sagen sind erhalten,
von Kindesdank und weisen Alten,
die, weil mit Ehren übergossen,
den Lebensabend sehr genossen.
Das gibt es heute nur noch selten,
weil Alte nicht als wertvoll gelten.
Sie werden aus- und abgebucht.
Nach Würde oder Ehre sucht
man selbst mit Lupe meist vergebens.
So viel zu Früchten eines Lebens.

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Gewalt

Foto des illustrierten Gedichtes: Gewalt

Ich bevorzuge für Illustrationen Pastellzeichnungen, verwende aber auch andere Techniken.

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Kompensation

Foto des illustrierten Gedichtes: Kompensation

Ich bevorzuge für Illustrationen Pastellzeichnungen, verwende aber auch andere Techniken.  


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Seelöwenspiel

Die Pinguine hüpften von Eisscholle zu Eisscholle. Im Wasser zog der Seelöwe seine Kreise und lauerte auf seine Beute. Er konnte blitzschnell zuschnappen und hielt Ausschau nach Füßen, die dem Eisrand zu nahe kamen. Ab und zu schoss er aus den Fluten und die Pinguine wichen quiekend zurück. Der Seelöwe hieß Wilma und war meine älteste Schwester.

Wenn unsere Eltern weggingen, wandelte sich die Wohnung in das arktische Eismeer und Wilma in ein Ungeheuer, das Jagd auf Pinguine machte. Teppiche und Böden waren ihr Revier und wir jüngeren Geschwister hangelten uns von der Couch auf den Tisch oder von einem Stuhl auf den alten Buffetschrank. Doch eigentlich waren keine Möbel mehr vorhanden, sondern nur eine Landschaft aus Schnee und Eis, in der wir uns vor dem Raubtier in Sicherheit bringen mussten. Ganz Mutige versuchten ins Schlafzimmer zu entkommen und dort die Spitze eines Eisberges, also eines der Etagenbetten, zu erklimmen. Bis dahin musste man aber weit schwimmen, sodass Wilma zuschlagen konnte. Die Beute wurde unter lautem Gebrüll und Geschmatze durchgekitzelt und verspeist.

Das war mein Lieblingsspiel. Vor Aufregung machte ich mir einmal in die Hose und musste später Fragen und das Geschimpfe meiner Mutter über mich ergehen lassen. Aber ich verriet kein Wort, denn sie hätte noch mehr gewettert und verboten, auf den Möbeln herumzuklettern.

Achim war mutig, peilte immer gleich die gefährlichsten Eisberge an, wurde allerdings auch stets das erste Seelöwenfutter. Ich geduldete mich lieber.

 

Erwartungsgemäß befanden sich Achim und Wilma bald im Kampf auf Leben und Tod zwischen Wohnzimmertisch und Etagenbett. Das war der Moment, in dem ich meine Scholle verließ und zur Eisbergspitze witschte. In der Geborgenheit der obersten Schlafstatt drückte ich mich an die Wand, bis ich mich wieder traute, die Augen zu öffnen.